Eine Reise nach Ungarn

Eine Reise nach Ungarn

Eine Reise nach Ungarn ist für uns immer ein ganz besonderes Ereignis. Besonders schön, denn wir freuen uns jedes Mal riesig die Tierheimbewohner und natürlich auch die lieben Menschen in unserem Partnertierheim (wieder) zu sehen, ohne die unsere Arbeit in Deutschland gar nicht möglich wäre. Aber zugegebenermaßen ist die Fahrt auch immer (ein bisschen) besonders anstrengend😉.

So machten wir uns am Freitag, den 14. April in aller Frühe und voller Hoffnung auf eine staufreie Route mit viel Vorfreude und einigen Gaben im Gepäck auf nach Törökszentmiklós.

Tatsächlich kamen wir dieses Mal relativ flüssig durch den Freitagsberufsverkehr und erlebten unterwegs so ziemlich alles, was die Aprilwetter-Palette zu bieten hatte: Start im Dunkeln, Sonne, Nebel, sodass man nicht die Hand vor Augen und schon gar nicht das Auto vor einem erkennen konnte, Schnee (!) am Wegesrand in Bayern und immer wieder Regen, Regen, Regen.

Nichtsdestotrotz kamen wir nach 15 Stunden müde, aber glücklich im Osten Ungarns an und wurden sogleich überaus freundlich von unserem Pensionsinhaberehepaar willkommen geheißen.

Nach einer kurzen, aber dennoch erholsamen Nacht und einem richtig leckeren Kaffee ging es am Morgen dann endlich zum Tierheim, wo wir sehr herzlich empfangen wurden.

Als erstes stand traditionell das Ausladen der mitgebrachten Spenden auf dem Programm (an dieser Stelle noch einmal ein ganz großes Dankeschön an all die lieben Tierfreunde, die es uns ermöglichen, stets mit vollen Händen und schwer beladenen Auto zu reisen. Was wären wir ohne Euch – Ihr seid einfach toll!).

Im Anschluss daran begrüßten wir alle neuen und alten vierbeinigen Bekannten und verschafften uns einen ersten Überblick über die aktuelle Situation im Tierheim.

Leider ist diese momentan sehr angespannt, denn die Aufnahmekapazitäten stoßen langsam, aber sicher an ihre Grenzen. Niemand kann abschätzen, ob eine der Krisen unserer bewegten Zeit ursächlich dafür ist oder es einfach daran liegt, dass die Einstellung der Menschen (das muss leider so deutlich gesagt werden), noch immer einiges zu wünschen übrig lässt.

Fakt ist: Derzeit werden wöchentlich Tiere (hauptsächlich Welpen) in den Straßen von Törökszentmiklós und Umland gefunden, die selbstverständlich umgehend in Obhut genommen werden.

So wurde beispielsweise kurz vor unserer Ankunft eine Schäfimama mit ihren fünf Hundekindern auf einem verlassenen Hof entdeckt. Das Muttertier befindet sich nun in der Schäferhundauffangstation, weil sie aus Platzgründen einfach nicht aufgenommen werden konnte. Die Welpen – selbstverständlich im trennungsfähigen Alter, verblieben im Tierheim. Offenbar hatte die kleine Familie nie Kontakt zu Menschen und zeigt sich ziemlich scheu. Somit müssen die Kleinen nun erst mal liebevoll sozialisiert werden, denn neben der Versorgung der Schützlinge wird auch diese Aufgabe, so gut es eben zeitlich möglich ist, von den Mitarbeitern des Tierheims erfüllt.

Besonders nachdenklich und traurig machen uns immer die zahlreichen unvermittelbaren Tiere, die aufgrund ihrer Rasse oder der schlechten Erfahrungen, die sie in der Vergangenheit (mit Menschen) gemacht haben, leider nie die Chance erhalten werden können, ein liebevolles Zuhause zu finden und ein glückliches Hundeleben jenseits von Gitterstäben zu führen. Hier können wir nur eingeschränkt helfen und die – von lieben Tierfreunden übernommenen – Patenschaften sind oftmals das Einzige, was ermöglicht ihnen z. B. durch kleine Geschenke eine Beschäftigung zu geben und so ein kleines bisschen Lebensfreude zu stiften.

Auch dieses Mal nahmen wir uns viel Zeit für die einzelnen Tiere und nutzten den Vormittag, um Videos zu drehen, die nun nach und nach auf unseren sozialen Kanälen eingestellt werden, damit sich unsere potenziellen Adoptanten einen besseren Eindruck verschaffen können, wie die Fellnasen auf Menschen reagieren und ob sie eventuell in die Familie passen könnten.

Leider mussten wir feststellen, dass einige Vierbeiner beginnen, sich aufzugeben. Der harte und oftmals stressige Tierheimalltag hinterlässt verständlicherweise seine Spuren.

Toni, Feifel und Roy beispielsweise wirkten deutlich zurückhaltender als bei unserem letzten Besuch. Die beiden Erstgenannten kamen bereits als klitzekleine Welpen in unser Partnertierheim und blieben – nachdem ihre Geschwister erfolgreich in gute Hände vermittelt wurden – alleine zurück.

Diese tollen Kerlchen sind unsere Notfellchen, die dringend ein Zuhause benötigen, indem sie Liebe und Geborgenheit spüren dürfen und in dem ihnen gezeigt wird, wie schön das Leben in Freiheit sein kann.

Wie immer verging die Zeit im Tierheim, wie im Fluge und nach einer kurzen Nachbesprechung ging es für uns weiter in den Ortskern von Törökszentmiklós.

Auch hier wurden wir schnell von der harten Realität eingeholt, denn dort fiel uns eine Gruppe von vier Hunden auf, die sich offenbar alleine auf der Straße durchschlugen. Zwar hatten ihnen liebe Menschen Futter und Wasser auf dem Gehweg hinterlassen, ein Lebensmittelpunkt an einer Tankstelle an einer Hauptverkehrsader kann und darf aber nicht das Richtige für Fellnasen sein – wir informierten umgehend die Mitarbeiter des Tierheims, die sogleich versprachen, sich dem Quartett anzunehmen.

Dieses Erlebnis war noch nicht verdaut, da bemerkten wir im Augenwinkel auf dem Supermarktparkplatz nebenan etwas Huschendes, was sich bei genauerem Hinsehen als Katzenbaby entpuppte. Ein Kitten mitten auf einem starkfrequentierten Parkplatz eines Discounters, das den Passanten hinterherlief, die sich teilweise sichtlich belästigt fühlten. Ein absolutes No-Go!

Also, ließen wir alles stehen und liegen und fingen das Mäuschen kurzerhand ein. Ein Herr auf dem Parkplatz ermutigte uns noch, das niedliche Tier mitzunehmen. „Das ist in Ordnung. Nimm es mit nach Hause!“

Während wir anschließend etwas ratlos diskutierten, wie wir nun weiter vorgehen sollten, kam ein Mann aus einem Haus auf der anderen Straßenseite (Hauptstraße!). Er sagte, dass es sein Kätzchen sei und nahm es sehr unsanft, noch ehe wir irgendetwas erwidern konnten, aus unseren Armen und verschwand mit dem kleinen Fellbündelchen wieder auf seinem Grundstück.

Keine Erleichterung, kein Lächeln, kein Danke – wir waren schier sprachlos. Doch unsere Rücksprache mit den Kollegen vor Ort ergab, dass uns die Hände gebunden waren und so blieb nur zu hoffen, dass es der jungen Katze nun gut ergeht.

Diese Eindrücke verdeutlichten uns einmal mehr, dass das Verständnis und die verantwortungsbewusste Tierhaltung (z. B. dafür Sorge zu tragen, dass die Grundstücke ausbruchssicher sind), wie wir sie uns wünschen würden, noch lange nicht in allen Köpfen angekommen ist … Dies bestärkt uns immer wieder in unserem Herzensanliegen: Durch unsere Arbeit weiterhin einen – wenn auch sicherlich geringen Beitrag – zu leisten, dass möglichst viele Fellnäschen die Chance auf ein schönes Leben bei verständigen Menschen erhalten.

Wenig später trafen wir uns dann in kleiner Runde mit Erika und Attila zu einem gemeinsamen Essen, um uns auszutauschen und wichtige Dinge für die zukünftige Zusammenarbeit zu besprechen. Der Abend verlief wie immer sehr harmonisch und so sind wir sicher, dass die vertrauensvolle Arbeit mit dem ungarischen Team auch in Zukunft fortgeführt werden wird.

Am nächsten Morgen hieß es dann leider schon wieder Abschied nehmen, denn wir machten uns früh auf die Heimreise. Dieses Mal verlief die Fahrt völlig staufrei und ohne nennenswerte Wetterphänomene und wir freuten uns sehr über die leckere Schokolade, die wir von den Tierheimmitarbeitern geschenkt bekommen hatten und die uns die lange Fahrt – im wahrsten Sinne des Wortes – versüßt hat. Um 21.30 Uhr kamen wir sicher und um viele Erfahrungen reicher, in Kamen an.

Die zahlreichen mitgebrachten Eindrücke werden sicherlich auch in unsere zukünftige Arbeit einfließen und wir werden sie gerne in den kommenden Tagen und Wochen mit Euch teilen.

Schon jetzt steht fest – wir freuen uns auf jeden Fall bereits auf die nächste Reise nach Ungarn!